Ludwigsburger Kreiszeitung vom 1.11.2022 – Bild: Jonas Palm und Siegfried Bauer mit Orchester. Foto: Holm Wolschendorf.
VON HARRY SCHMIDT
LUDWIGSBURG. Es sind nur vier Saiten, und doch liegt darin der Klang der ganzen Welt: Was der in Ludwigsburg geborene Cellist Jonas Palm seinem Instrument zu entlocken vermag, gleicht dem Gesang des Universums. Bereits mehrfach hat der seit September als Solocellist am Württembergischen Kammerorchester Heilbronn beschäftigte, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Musiker mit dem Kammerorchester Concerto Ludwigsburg unter Leitung von KMD Prof. Siegfried Bauer zusammengearbeitet, das jüngste Beispiel dieser Konstellation gab am Sonntagabend das Benefizkonzert für den Förderverein „Musik an der Stadtkirche“ ebendort.
Bravourös meistert der 29-Jährige die Höchstschwierigkeiten im 1783 entstandenen D-Dur-Cello-Konzert von Joseph Haydn, insbesondere die im abschießenden Rondo geforderten rasanten Dreiklangbrechungen, Doppelgriffe und großen Intervallsprünge sind von bestechender Brillanz. Bereits im Kopfsatz wurden die Qualitäten des Affalterbacher Musikers offenkundig: ansatzlos der Einsteig in seinen Solopart im Allegro moderato, von frappierender Leichtigkeit das Legato seiner Kantilene. Hervorragend hier auch die Einbettung, Bauer hat den um je zwei Hörner und Oboen erweiterten Streicherapparat bestens im Griff. Kurioserweise handelt es sich auch beim zweiten Satz von Haydns Cello-Konzert um ein Rondo, wobei Palm vor allem mit hinreißend zartem Instrumentalgesang im Piano begeistert. Lediglich im rauschhaften Fortissimo-Jubel der Tutti des finalen Allegros droht der exquisite Solist hin und wieder etwas unterzugehen – ein Tick weniger wäre hier mehr gewesen.
Die Begeisterung in der gut besuchten Stadtkirche war indes berechtigterweise immens, Palm bedankte sich für die Ovationen mit dem neunten der zwölf Capricci von Alfredo Piatti – in dem kurzen Allegro bringt der sympathische Musiker die obertonreichen Klangfarben seines zwischen 1670 und 1680 von Francesco Ruggeri in Cremona gebauten Instruments, das ihm als mehrfacher Preisträger des Wettbewerbs des Deutschen Musikinstrumentenfonds die Deutsche Stiftung Musikleben zur Verfügung stellt, zum Aufleuchten. Gerahmt wurde das fulminante Cello-Konzert von zwei sinfonischen Programmbausteinen. Beethovens 1800 in Wien uraufgeführte erste Sinfonie wirkt in Anlage und Instrumentierung deutlich von Haydn und Mozart inspiriert. Bauer ordnete die Musikerinnen und Musiker des Orchesters zu einem homogenen, kultiviert-geschliffenen Ensembleklng, arbeitete auch den von Pauken und Trompeten unterstrichenen festlichen Charakter heraus. Lediglich im Allegro molto e vivace des Dritten Satzes hätte man sich die überraschenden dynamischen Wendungen noch ein wenig kontrastreicher artikuliert vorstellen können.
Prachtvoll ausmusiziert dann wieder die Stretta im letzten Satz. Gewissermaßen als Vorschau auf den anderntags gefeierten Reformationstag dann die in den Choralvariationen von Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ kulminierende „Reformations-Sinfonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, allerdings um den ersten Satz gekürzt. Stattdessen kam das Publikum noch in den Genuss einer nicht im Programmheft angekündigten Uraufführung: Orchestermitglied Meike Katrin Stein hat aus aktuellem Anlass die EuropaHymne mit jener der Ukraine verschränkt – und deren Aufnahme in die Einheit der EU somit schon mal harmonisch vorweggenommen. Dafür reihte sich auch Palm nochmals ins Orchester ein.